Die Energiewende ist kein Selbstläufer – auch nicht für Unternehmen: Wie alle gesellschaftlichen Bereiche müssen sie aktiv zu ihrem Gelingen beitragen und sind gleichzeitig gefordert, nicht nur selbst gesteckte Ziele zu erreichen, sondern auch gesetzliche Vorgaben zu erfüllen. Krisenhafte Entwicklungen, wie der zunehmend spürbare demografische Wandel, Energie- und Rohstoffknappheit oder auch internationale Konflikte, belasten Unternehmen und schränken deren Gestaltungsspielräume oft zusätzlich ein.

Die Projekte „BeaT – Berufliche Bildung erneuern für die automobile Transformation“ und „Green Skills im Bauwesen“ (Projektverbund Global Upskill) betrachten diese Herausforderungen für Unternehmen in zwei unterschiedlichen Branchen: der Automobil- und Zulieferindustrie und im Bauwesen. Ungeachtet branchenspezifischer Unterschiede sehen sich Unternehmen im Aus- und Weiterbildungsbereich mit in Teilen durchaus ähnlichen Problemstellungen und Fragen zur zukunftsfähigen Weiterentwicklung von Kompetenzen für die Transformation konfrontiert. Im Workshop haben wir mit unseren Gästen unter anderem darüber diskutiert, wie Unternehmen diese Herausforderung in Chancen verwandeln können, wenn sie sie gemeinsam mit ihren Mitarbeitenden annehmen.

Wir starteten mit einer kurze Vorstellungsrunde und der Vorstellung der Projekte samt ersten Ergebnissen. Dabei wurde deutlich, dass Weiterbildung in vielen Unternehmen bislang nur eine untergeordnete Rolle spielt, was häufig durch fehlende Ressourcen begründet wird. Zugleich gehören Bau- und Automobilbranche mit zu den energieintensivsten Sektoren. Der Transformationsbedarf ist hoch, denn Unternehmen werden zunehmend auch durch die gesetzlichen Rahmen und Steuerungsmechanismen dazu gezwungen, neue Wege zu gehen.

Mit den Workshop-Teilnehmenden diskutierten wir folgende Fragen: Welche neuen Qualifikationen werden durch die Energiewende nötig? Welche Beschäftigtengruppen müssen wie erreicht werden? Wie können Bedarfe-Qualifikationsbedarfe in KMU gedeckt werden? Im Fokus stand zunächst die Digitalisierung und die damit verbundenen radikalen Veränderungen der Tätigkeiten in vielen Handwerksberufen, die so in der Öffentlichkeit und damit auch von potenziellen Interessierten bisher nicht wahrgenommen werden. Unsere Gäste bestätigten uns, was auch unsere Studienergebnisse deutlich zeigen: Der Mangel qualifizierten Nachwuchskräften hat gravierende Auswirkungen und bremst den Transformationsprozess erheblich. Die Probleme der Nachwuchsgewinnung beginnen demnach bereits in der frühen Bildung (z.B. Grundschule) und der Orientierungsphase, in der das Interesse der jungen Menschen nicht genug auf Handwerks-, aber auch z.B. Ingenieursberufen gelenkt wird. Nach Ansicht der Diskutanten sollten Unternehmen und Kammern hier sehr viel offensiver die Vorzüge und Modernität der Berufe sowie die Bezüge zu den Themen der Generation Z aufzeigen. Gleichzeitig ist aber auch klar, dass überall um die gleiche, kleiner werdende Gruppe gebuhlt wird.

Daher führte uns ein weiterer Diskussionsstrang zu den Möglichkeiten technischer Unterstützung (z.B. KI, Assistenzsysteme, Automatisierung) bei der Bewältigung des Fachkräfteproblems. Damit wurde schnell deutlich, wie wichtig digitale Kompetenzen auch in traditionell sehr handwerklich geprägten Branchen sind. In Anbetracht dieser Entwicklung wurde angemahnt, dass möglicherweise zukünftig mehr Generalisten benötigt werden, die sich über Felder hinweg verständigen und arbeiten können.

Als zentrales Handlungsfeld wurde zudem die Strategiefähigkeit der Entscheider*innen benannt, was sich auch aus den Ergebnissen unserer Forschung ableiten lässt. Hier wurden teilweise massive Defizite berichtet, deren Abbau maßgeblich für eine erfolgreiche Bewältigung der Energiewende verantwortlich sein wird. Führungskräfte benötigen nicht allein und primär betriebswirtschaftliche Kenntnisse, sondern auch fachliche Expertise, um gemeinsam mit den Beschäftigten tragfähige Strategien für die Transformation des eigenen Unternehmens und die Weiterentwicklung von Kompetenzen der Belegschaft zu entwickeln.

Weitere wichtige Akteurs- und Beschäftigtengruppen, sind Planer*innen und Entscheider*innen auf den Ämtern und in Kommunen. Lange und komplizierte Genehmigungsverfahren sind ein Hindernis im Transformationsprozess. Hier braucht es Wissen und innovative Ansätze, um Entscheidungsprozess pragmatisch und zügig voranzubringen. Fehlendes Wissen führe hier zu „ängstlichem Verstecken hinter Paragrafen“ und Abwehrhaltung. Für andere Beschäftigtengruppen wurden arbeitsplatzspezifische Weiterbildungsmodule (so viel wie nötig) und spielerische Ansätze (z.B. Gamification als Designmöglichkeit) vorgeschlagen, um Weiterbildung effizient und attraktiv zu gestalten.

Mit der dritten Frage nach dem Qualifikationsbedarf in KMUs wurde der Bogen zurück zum Anfang des Workshops geschlagen. Der Flaschenhals, den der Fachkräftemangel derzeit darstellt, wird sich nicht einfach in Luft auflösen, aber es können Maßnahmen getroffen werden, die die verschiedenen Berufsfelder in ein anderes Licht rücken können. Dafür benötigt es eine Sensibilisierung über die Veränderungen, die viele Handwerks- und Ingenieursberufe bereits erfahren haben und noch erfahren werden. Außerdem kann eine Verbesserung der ergonomischen Bedingungen vieler Handwerksberufe die Attraktivität für die Berufswahl steigern. Ein wesentlicher Ansatz könnte darüber hinaus sein, Kindern schon im Kindergartenalter mit dem Handwerk in Kontakt zu bringen und so frühes Interesse und Begeisterung zu wecken. Um diese Faszination zu erhalten, bedarf es aber, da waren sich alle Teilnehmende einig, eines enormen Engagements in der gesamten Gesellschaft, die die Energiewende als ihre Aufgabe betrachtet.

(Weiter-)Bildung ist ein Schlüssel, um Fachkräfte für die Energiewende zu gewinnen, aber sie ist kein Selbstläufer. Viele kleine und große Stellschrauben müssen richtig bedient werden, sodass dies gelingt. Wir, die Projekte BeaT und Green Skills im Bauwesen, möchten uns für die vielen Hinweise durch die Teilnehmer*innen bedanken, die uns für unsere weitere Arbeit als Inspiration dienen werden!