In einer globalen Ökonomie ist auch die Energiewende keine rein nationale Frage, sondern unterliegt diversen transnationalen Verflechtungen. Das gilt sowohl für die Lieferketten der Autoindustrie als auch die künftige Versorgung mit nachhaltiger Energie. Beispielsweise werden aktuell Quellen für grünen Wasserstoff und bedeutende Rohstoffe für die E-Mobilität wie Kupfer weltweit erschlossen. Deshalb haben wir im Rahmen unseres Internationalen Workshops „Energiewende und globale Wertschöpfungsketten: Grüner Wasserstoff, Kupfer und die Autoindustrie“ am 4.7.2023 in Jena, mit Dr. Anna Landherr und Dr. Dasten Julián am exemplarischen Beispiel Chiles über die globalen Dimensionen der hiesigen Energiewende diskutiert.

Ausgehend von den lokalen Herausforderungen der Energiewende am Beispiel der Thüringer Autozulieferindustrie bezüglich Wertschöpfungsketten, Technologie und Qualifizierung, die Lennart Michaelis, Thomas Rehfeldt und Johanna Sittel in einem kurzen Input zusammengefasst haben, wagten wir einen Blick über den Tellerrand hinaus in den sogenannten globalen Süden. Anna Landherr (Universität Augsburg) schilderte anhand der Forschungsergebnisse ihrer Dissertation die verschiedenen Dimensionen der Unsichtbarkeit toxischer Industrieabfälle (Tailings) in der chilenischen Bergbauindustrie, die vor allem die Kupfergewinnung für den Weltmarkt umfasst. Dabei wurde deutlich, dass gravierende Umweltprobleme auch im Kontext der heutigen globalen ökologischen Krise weitgehend gesellschaftlich „unsichtbar“ bleiben, da sie ihre oftmals schwerwiegenden sozial-ökologischen Auswirkungen allmählich, schleichend und über längere Zeiträume hinweg in Form einer slow violence (Rob Nixon) entfalten. Dasten Julián (Universidad Austral, Valdivia/Chile) unterzog die neue Energiestrategie der chilenischen Regierung, die auf einen umfassenden Ausbau erneuerbarer Energien setzt, einer kritischen Bewertung. U.a. der Bau von Wasserkraftwerken, Windparks und großflächigen Photovoltaik-Anlagen sei zwar an sich ökologisch nachhaltig, diene aber der Ausweitung der extraktiven Industrien im Land, die einen enormen Energiebedarf aufweisen. Mit dem Ausbau der alternativen Energien in Chile geht eine fortschreitende Erschließung weiterer Rohstoffextraktionen einher. Besonders umkämpft sind gerade die großen Lithiumvorkommen in der Atacama-Wüste, insbesondere durch die weltweit steigende Bedeutung von E-Mobilität.

Neben technologischen und ökonomischen Herausforderungen der Energiewende wurde auch über gesellschaftliche Aspekte wie Arbeit und Qualifizierung und sozial-ökologische Konflikte debattiert.