Am 23.03.2023 lud das BeaT-Projekt zur Konferenz „Fachkräftegewinnung für die sozial-ökologische Transformation in der Energiekrise – Herausforderungen und mögliche Wege für Thüringen“ in die Rosensäle in Jena. In den kommenden Wochen wollen wir von den spannenden Beiträgen aus Wissenschaft, Politik und Praxis berichten.

Den Anfang macht der Vortrag von Professor Dr. Michael Behr, der ein paradoxes Bild zur Arbeitsmarktsituation in Thüringen zeichnet. Denn vielen steckt immer noch das „Nachwendedesaster“ in den Knochen, obwohl das Bundesland heute ein ganz anderes Bild abgibt. Nach Sachsen belegt es den zweiten Platz bei der Beschäftigungsquote und hat damit fast die Vollbeschäftigung erreicht. Die Zahl der SGB II-Leistungsempfänger wurde halbiert und der Ausbildungsmarkt ist aus Auszubildendensicht der beste in ganz Deutschland. Noch beeindruckender kann an dieser Stelle vielleicht nur sein, dass trotz eines Bevölkerungsrückgangs von 13,3 % seit 2000 die absolute Zahl der Erwerbstätigen bei knapp über einer Million stabil gehalten werden konnte.

Und trotzdem ist der Ausblick düster. Bei der sog. Stapelkrise sind die mannigfachen Krisenmomente gemeint, die uns seit mehreren Jahren begleiten. Verantwortlich für den Fachkräftemangel ist insbesondere der Krisenmoment demografischer Wandel, der sich auch auf die allgemeine psychische Belastung auswirkt, indem z.B. bei Personalausfällen aus Krankheitsgründen die anstehende Arbeit kaum noch zu bewältigen ist. Der Kern des Problems ist schlichtweg, dass es zu wenig Kinder gibt. So kommen in den nächsten zehn Jahren in Thüringen auf 100 Renteneintritte 49 Nachwuchskräfte. Der Bedarf an Fachkräften bleibt allerdings hoch und so stehen schon jetzt eineinhalb Ausbildungsstellen einem Bewerber gegenüber und die Vakanzzeiten explodieren.

Die einzige echte Lösung, so lautet das Fazit, liegt dabei in der Zuwanderung. Schon jetzt würde der Bedarf ohne ausländische Arbeitskräfte nicht gedeckt werden können und die Situation wird sich weiter verschärfen. Die wesentliche Aufgabe besteht daher darin, Thüringen zu einem attraktiven Einwanderungsland zu machen, auch entgegen der standortspezifischen Schwierigkeiten.

Konkrete Handlungsbedarfe bestehen dabei in vielen Bereichen. Vor allem das Ermöglichen des Erlernens der deutschen Sprache sowie die Evaluation von Standards bilden dabei hohe Prioritäten. Im Gesamtbild muss außerdem Weiterbildung ein Teil der Lösung sein, wobei die dafür bereitgestellten Fördertöpfe des Landes bisher nicht von den Unternehmen ausgeschöpft werden. Zugrunde liegt an dieser Stelle wieder das Ursprungsproblem, denn Arbeitnehmer*innen sind an ihren Arbeitsplätzen selten auch nur für kurze Zeit entbehrlich.

Am Ende des Vortrags ist klar, vor welchem Problem Thüringen steht. Sollten die fehlenden Arbeitskräfte in den kommenden zehn Jahren nicht gefunden werden, dann droht eine wesentliche Schrumpfung der Wirtschaft. Dass das kein Grund zum Verzagen ist, hat die Vergangenheit bereits für Thüringen gezeigt und die Beiträge und vielen Gespräche auf der Konferenz zeigen uns, dass mit vollem Tatendrang an den Lösungen gearbeitet wird.

Dies war der erste Blogeintrag zu den Beiträgen der Konferenz. Wir würden uns freuen, wenn Sie in den kommenden Wochen wieder auf unserer Website vorbeischauen.